Ach Leute, habt Euch doch einfach mehr lieb und stichelt nicht so viel
.
Zunächst ist es ja letztlich - zum Glück - so, dass es bei derlei vorrangig um Dinge geht, die jeder für sich selbst entscheidet / überlegen muss. Wenn man anderer Ansicht ist oder die Gefahr sieht, dass jmd. sich vielleicht einer Facette einfach nicht bewusst ist, kann man das natürlich versuchen zu vermitteln, aber am Ende gilt: jeder wie er meint
. Da gibt es sicher andere Dinge, die weitreichender sind und nicht nur einen einzelnen betreffen, bei denen man nicht nur schulterzuckend zuschauen sollte.
@markmuel:
Mainstream-Paranoia ;-), schönes Wort, wobei ich persönlich sogar eher behaupten würde, dass gerade der (nachwachsende) Mainstream weitgehend (in der Hinsicht) "unparanoid" ist, zumindest bestimmte Dinge gefühlt weniger hinterfragt / reflektiert, als es vielleicht wert wäre. Der "paranoide" Stream findet sich m. E. eher in der mittleren Generation, die aktiv genug in die ganzen neuen Medien involviert ist, gleichwohl aber noch die analogen Mechanismen und Denkweisen kennt.
Aber nach dem Schwafel-Exkurs der Versuch einen Blick darauf zu werfen, was der "Kern des Problems" ist, der bei einigen zu Vorbehalten oder zumindest Skepsis führt, ob man sie nun teilt oder nicht:
Der Grundgedanke "ich habe nichts zu verbergen / tue nichts Komisches / Illegales o.ä." ist natürlich völlig richtig - aber im Umkehrschluss bedeutet das natürlich, ähnlich einfach ausgedrückt, noch lange nicht, dass es "jeden etwas angeht, was ich tue". Hier (ob nun bei Yahoo, FB, Google o.ä.) geht es nun wiederum nicht darum, dass es "jeder" weiß, aber, je mehr Informationen und Daten ich einem oder mehreren Anbietern preisgebe, desto mehr begebe ich mich in eine Situation, in der ich vorhersagbar, durchschaubar und eben vielleicht auch (subtil) steuerbar werde.
Das kann zunächst einmal natürlich auch "positive" Effekte haben, wie das Stamm-Café, in dem die Bedienung gleich weiß, dass ich zwei Löffel Zucker im Kaffee haben möchte... Aber auf der anderen Seite bekomme ich dann vielleicht auch gar keine Info mehr darüber, dass es jetzt einen viel besseren Ersatz für den Zucker gibt, weil die Bedienung mir das einfach verschweigt - und, da die Bedienungen in der Stadt alle miteinander sprechen, bekomme ich fortan auch in den anderen Cafés immer nur Zucker im Kaffee - ich kann mich da gar nicht mehr richtig wehren bzw. einfach mal "jemand anders sein" (sei mutig, trink mit Milch
). Am Anfang ist es auch noch ganz lustig, dass mir der Küchenladen in der Stadt zum Geburtstag ein Sonderangebot für eine Zuckerdose schickt (die echt hübsch ist) und die nette Dame im Kaufhaus mich daran erinnert, dass ich doch nicht nur Essbesteck kaufen sollte, sondern den Zuckerlöffel fast vergessen hätte. Erste Zweifel kommen mir, als mich der Zahnarzt (der in jedem Verein vor Ort gut vernetzt ist) hämisch angrinst und mir erklärt, dass ich mich über die Zahnlöcher nicht wundern brauche (was er mir nicht erzählt, ist natürlich, dass er der Bedienung - gute Freundin seiner Tochter - ein paar Taler zugesteckt hat, damit sie die Zuckerlöffel auch wirklich schön häuft). Könnte auch ein Grund dafür sein, warum ich der einzige in der Straße war, der für die Zahnzusatzversicherung jetzt 50% mehr zahlen soll. Ließ sich alles noch verkraften, aber richtig doof wurde es, als die Gesellschaft beschloss, dass Zucker-Konsum gestrig und nicht mehr dem Zeitgeist entsprechend sei, da man damit gegen die Ideale der neuen Überfitness verstößt - mein toller digitaler Kundenausweis, der mich vorher so schön durch's Zuckerwunderland führte, wird nun an den meisten Eingangstüren kommentarlos abgelehnt. Dass ich eigentlich keinen Zucker mehr im Kaffee mag (Geschmäcker ändern sich) kann dort ja noch keiner wissen, ich habe aber auch keinerlei wirkliche Handhabe mehr dagegen...
Natürlich ein sehr vereinfachter und lückenhafter Versuch, das in ein "Bild" zu packen, aber es soll einfach transportieren, dass "nicht anrüchig" nicht heißt, dass ich es mit jedem teilen möchte, eben weil immer die Frage ist, was könnte daraus am Ende werden. Das ist eine der Grundlagen für skeptischere Sichten. Im Übrigen sollen die Ausführungen werden etwas über meinen Zucker-Konsum noch über meine eigene Praxis in der Hinsicht aussagen
.
Ob, wie und wo jeder für sich da seine Grenze zieht bzw. beschließt "paranoid" zu werden, muss jeder für sich aussuchen.
So, und jetzt drehen wir uns im hiesigen Stuhlkreis wieder alle zu
@Bricksy, der doch eigentlich mit andere Zielsetzung um die Gruppenstunde gebeten hatte
.
Gruß
Cris